Beat Schütz

Der Stein des Anstosses und das Keltengrab von Wiler bei Seedorf

Im Historischen Museum Bern (BHM) befinden sich einige bronzene Gegenstände aus einem keltischen Grab. Die Geschichte zu diesem Fund spielte sich in den 70er Jahren in der Gemeinde Seedorf ab und hört sich echt abenteuerlich an. 

Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und
Frühgeschichte Band 61, 1978

Angefangen hat alles mit einem grossen Stein. Beim Bestellen eines Ackers, am Rande einer terassenförmigen Kuppe, sorgte dieser oft für Ärger. Steine, die der Rhonegletscher bei seinem Rückzug liegen liess, sind in dieser Region nichts Aussergewöhnliches und trifft man häufig an.Doch, mit den Jahren trat der besagte Stein immer mehr an die Oberfläche und bildete ein Hindernis für den Bauern. Der Pflug blieb immer wieder hängen und hinterliess ärgerliche Spuren am Ackergerät. Darum, eines Tages der Entscheid, der Stein muss weg! Doch das war schneller gesagt als getan. Beim Schaufeln kam ein richtiger Koloss von einem Stein (ca. 200 x100 x80 cm, geschätzte 10t schwer), schön eingebettet in feinem Sand, zum Vorschein. Also musste gröberes Werkzeug ans Werk. Gesagt getan.

In der Bildmitte, auf der Höhe der langgezogenen braunen Kuppe, wurde der Stein der Erde entnommen.

Endlich verladen, wurde der Findling von «Affoltertransporte» nach Seedorf verfrachtet und auf dem Schulgelände am Rand des Pausenplatzes aufgestellt. Warum gerade beim Seedorfer Schulhaus, entzieht sich unserer Kenntnisse.

Der Stein an seinem heutigen Standort (seit 2022) beim Schulhaus Seedorf

Beim Ausgraben des Steins, wurde eine gröbere Sandschicht freigelegt. Auch das nichts Aussergewöhnliches! Wurde doch früher der Ort «Wiler im Sand» benannt, da viele Stellen im Gelände, verursacht durch den Rückzug des Gletschers, sandiges Terrain aufweist.

Kartenausschnitt von Wiler im Sand

Die Familie Walter und Marianne Lauper, wohnhaft im Rättli (Aspi bei Seedorf), wollte in den 70er Jahren den Pferdestall umbauen. Dazu benötigten sie unter anderem Sand, um Bodenplatten zu verlegen. Bei ihren Verwandten in Wiler, Fritz und Meieli Häni-Lauper, deren Hof an der Kosthofenstrasse liegt, findet man dieses Naturprodukt in Hülle und Fülle, hat doch der «Stein des Anstosses» viel davon freigelegt.  So fanden zwei Baggerschaufeln Sand den Weg ins Rättli und wurden neben dem Stall bei Laupers gekippt.

Unter diesen Platten im Stall der Familie Lauper liegt der Sand heute

Jürg, der Sohn von Walter und Marianne Lauper, freute sich über den neuen «Sandkasten». Beim Spielen im Sand entdeckte er per Zufall kleine metallene Gegenstände. Er zeigte seine Funde den Eltern. Sie erachteten diese altertümlichen Metallstücke als ungewöhnlich und speziell. So fand das «metallene Zeug» den Weg zu Altlehrer Johann Egger, der in der Nähe wohnte und den Fund als wichtig und interessant einstufte. Über ihn gelangten die Objekte weiter nach Bern, via Historisches Museum zum Archäologischen Dienst (AD Bern). Die Fachleute erkannten in dem Fund bronzene Schmuckstücke aus der Keltenzeit, die als Grabbeigaben dienten. 



Eine spätere Besichtigung der Fundstelle brachte keine neuen Erkenntnisse. Man ging davon aus, dass bei der Sandentnahme ein oder mehrere Gräber angeschnitten wurden. Eine spätere Sondiergrabung fand nie statt, obwohl im Fundprotokoll eine solche als dringend eingestuft wurde!




Auch die Presse (Bieler Tagblatt) berichtete 1986 vom Fund in der Gemeinde Seedorf

Bieler Tagblatt 1986

Fragen bleiben zurück! 

Wer weiss, was an der Kosthofenstrasse in Wiler von diesem Grab noch im sandigen Boden schlummert!? 

Ob unter den Bodenplatten des Stallbodens, weitere unentdeckte Schmuckteile mit dem Sand neu «beerdigt» wurden, konnten Laupers auch nicht mit Sicherheit verneinen!!

Ist der Findling natürlich an diesem Standort liegengeblieben, oder wurde er zur Keltenzeit bewusst zu oder auf das Grab gestellt (Menhir oder Teil eines Dolmen)?

Der Stein des Anstosses wurde im Jahr 2022 wiederum verschoben und erhielt einen neuen, endgültigen Platz.

Der Stein an seinem heutigen Standort (seit 2022) beim Schulhaus Seedorf

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